Gute Stube
Restaurierung der Innenausstattung
Inhaltsübersicht
Letztlich ist es das, was die Insassen in einem klassischen Auto permanent sehen und fühlen – die Innenausstattung, die Sitze, das Armaturenbrett, die Teppiche und Türverkleidungen. Damit das Interieur und das Verdeck unseres Alfa 2600 der hervorragenden Gesamterscheinung des Wagens entsprechen, suchten wir den besten Sattler Norditaliens und fanden ihn in Bozen: Tappezzeria Gambarato.
Finta pelle – der italienische Begriff bedeutet in anderen Sprachen so viel wie “sieht aus wie Leder, ist aber keins”. Kunstleder, ein in den 60er Jahren hochmodernes und angesagtes Plastikprodukt, hatte vermeintlich ein paar Vorteile: Es war unempfindlich gegen Nässe (bei einem Cabrio wichtig), es war pflegeleicht und es war kostengünstig. Aber vor allem als Bezugsmaterial für die Sitze hatte es gleichermaßen Nachteile: es wurde in der Sonne sehr heiß und man schwitzte, weshalb sich viele Fahrer ein Handtuch über die Rückenlehne legten. Außerdem machte es beim Anfassen einen unnatürlichen, im Winter harten, im Sommer gummiartigen Eindruck. Es waren wohl zuerst die Kostengründe, die Alfa Romeo dazu bewegten sich beim 2600 Spider für “finta pelle” zu entscheiden. Optional wurde allerdings gegen Aufpreis auch Leder als Bezug für Sitze, Türverkleidungen und Armaturenbrett angeboten. Wer heute einen Alfa 2600 Spider hochwertig restauriert, wird sich höchstwahrscheinlich für echtes Leder entscheiden, denn Kunstleder fühlt sich einfach nicht angenehm an.
Es waren vermutlich auch Wetterunempfindlichkeit und Kostengründe, die Alfa dazu bewegten statt angenehm flauschigen Teppichen schwarze Gummimatten für den Fußboden und den Kofferraumboden zu verwenden. Diese Gummimatten werden heute zwar nachgefertigt und für sehr teures Geld angeboten, aber es wird sich wohl kaum jemand dafür entscheiden – es sieht ein bisschen nach Lastwagen aus und passt einfach nicht mehr zu der hochwertigen Erscheinung eines Alfa 2600 Spider mit seinen Einstiegsblechen auf Edelstahl und den polierten Aluminiumverkleidungen an A- und B-Säule. Auch bei der Auskleidung des Kofferraums hat Alfa damals offensichtlich gespart: Stirnwand und Seitenwände zur Batterie und zum Werkzeugfach blieben unverkleidet, man sah die schwarze Bitumenfarbe auf dem Blech. Auch das wird man heute vermutlich schöner machen – für einen guten Sattler ist es kein Problem auch den Kofferraum mit Teppich auszukleiden.
Sitzgestelle sind heute nur äußerst schwer aufzutreiben, noch schwieriger wird es mit den verchromten, seitlichen Beschlägen für die Sitzverstellung. Manchmal sind diese massiven Beschläge auch gebrochen, Nachfertigungen gibt es nicht, da hilft dann nur schweißen, polieren und neu verchromen. Immerhin werden für die Sitze neue Polsterkissen angeboten.
Ein besonderes Problem bei der Restaurierung stellen die Armaturenbretter der zweiten Serie dar – sie wurden nicht mehr komplett aus Blech hergestellt, sondern (vermutlich wieder aus Kostengründen) aus einem Kunststoffschaum, in den nur einzelne Bleche zur Verstärkung eingelassen waren. Dieser Schaum altert jedoch, fängt mit der Zeit an zu bröseln und sich aufzulösen, das darüber gezogene Kunstleder bekommt Beulen und Risse. Leider sehr unschön und eigentlich nicht zu retten. Einzige Möglichkeit: Ein begabter Karosseriebauer muss das komplette Armaturenbrett nachfertigen, was allerdings sehr teuer ist. Auch möglich wären Nachbauten aus GFK oder in 3D-Druck, aber das ist nach unseren Erfahrungen derzeit noch teurer.
Die Instrumente zu überholen ist heute kein Problem mehr – dafür gibt es Spezialisten. Vergilbte Zifferblätter lassen sich entweder per Siebdruck neu gestalten oder man nimmt die (ebenfalls teuren) Skalen aus transparentem Kunststoff, die über das schwarze Zifferblatt gelegt werden. Sollte aber ein Instrument komplett fehlen oder irreparabel sind, dann wird es schwer Ersatz aufzutreiben, vor allem die Tachometer mit Kilometerskala sind extrem rar. Die meisten Schalter und die Radioblende mit dem markanten, goldenen 2600 Schriftzug gibt es heute als Nachbauten. Nur für die Chromleiste auf der rechten Seite des Armaturenbretts gibt es keinen Ersatz, man muss etwas Ähnliches von anderen Fahrzeugen auftreiben und anpassen. All diese Ersatzteile sind teuer, so dass man für die perfekte Restaurierung eines Armaturenbretts heute viele tausend Euro ausgeben muss. Es lohnt sich daher die alten Instrumente und Schalter aufzubereiten und zu pflegen, auch wenn dabei die Patina durchschimmert.
Auch das schwarze Stoffverdeck wird man heute bei einer Restaurierung neu aus Sonnenland-Material aufziehen lassen. Den Verdeckstoff gibt es bei einigen Anbietern fertig konfektioniert, aber gute Sattler können das auch neu zuschneiden und faltenfrei anpassen. Sollte das Verdeckgestänge fehlen, so wird man einen (sehr teuren) Nachbau nur für den Alfa 2000 Spider finden. Dieses Gestänge passt im Prinzip auch auf den 2600 Spider, aber es ist in seiner Höhe und seiner Dachform anders. Denn der 2000er hatte keine hinteren Notsitze, deshalb war das Dach hier niedriger gehalten. Eigentlich sieht der Wagen mit dem niedrigeren Dach gefälliger und etwas schnittiger aus, aber es ist eben nicht original.
Für Leute, die fast ausschließlich mit offenem Verdeck fahren, wird das kein gravierendes Problem sein, zumal das Öffnen und Schließen des Verdecks schon zu zweit mehrere Minuten dauert. Allein wird man deutlich länger brauchen, weil man mehrfach von der einen zur anderen Seite laufen muss um den Scherenmechanismus auseinander zuziehen. Auch das Aufziehen der Abdeckung, die gleichzeitig Rückenlehne für die Notsitze ist, wird meist zum Geduldspiel. Wenn also Regen oder ein Gewitter aufzieht, sollte man frühzeitig das Verdeck schließen.
Für die Übergangszeit empfiehlt sich ein Hardtop, das dem 2600 ein sehr dynamisches Erscheinungsbild gibt. Auch hier gab es eine äußerst seltene 2000 Version mit niedrigerer Linie und kleinem Heckfenster. Für den 2600 wurde bei Original-Hardtop von Touring die Dachlinie etwas erhöht, das Fenster vergrößert und seitlich etwas herumgezogen, was eine viel bessere Sicht nach hinten ermöglicht (Vorteil besonders beim Rangieren). Auch dieses Hardtop ist selten, eine Restaurierung ist teuer, vor allem wenn der hintere Rand unter der Heckscheibe durchgerostet ist. Der Stoff für den Dachhimmel wird heute im originalen “Schlangenbiss”-Muster nachgefertigt, die äußeren Chromleisten an den Umrandungen der Scheiben sind nicht mehr aufzutreiben – es empfiehlt sich also beim Kauf eines Hardtops darauf zu achten, dass diese Leisten vorhanden sind.