Schöne Raritäten
Existenzfrage
Inhaltsübersicht
Wie viele Alfa Romeo 2600 Spider existieren heute noch? Wie findet man sie und wie nimmt man Kontakt zu anderen Besitzern auf? Dieses Register soll Ihnen einen Überblick verschaffen. Außerdem: Wie war die Wertentwicklung in der Vergangenheit? Schließlich: Wie steht der Alfa 2600 Spider heute da im Verhältnis zu anderen sportlichen Cabrios seiner Zeit? Hier versuchen wir Antworten auf diese Fragen.
Es ist schwer festzustellen, wie viele von den 2255 gebauten Alfa 2600 Spider weltweit heute noch existieren. Die Recherchen in den verschiedenen Registern, die im Lauf der Jahre von Enthusiasten angefertigt wurden, sind schwierig zusammenzuführen. Ein Register, das in USA von Dale Brueske und Tom Zat bis 1986 geführt wurde, gab dort damals 169 bekannte Fahrzeuge an. Darüber kann man zumindest frühere Besitzer ausfindig machen. Später wurde dieses Register in England von John de Boer in die Liste des 2021 verstorbenen Eric Harrison überführt, in der inklusive aller in Europa bekannten 2600 Spider derzeit etwa 580 Linkslenker und zwölf Rechtslenker gelistet werden.
Natürlich mögen es noch ein paar mehr sein, die bisher weder in Clubs noch bei Verkäufen, auf Messen oder Auktionen aufgetaucht sind. Wir haben im Internet noch ein alfaregister.net gefunden, das von dem Mailänder Ersatzteilhändler AFRA gesponsert wird. Auch hier finden sich etwa 36 Fahrzeuge vom Typ 2600 Spider, allerdings ein größerer Teil ohne Fahrgestellnummer. Das bedeutet, dass weltweit vermutlich nur noch etwa 600 Stück, also etwa 20 bis 25 Prozent aller ehemals produzierten Alfa 2600 Spider existieren. Man darf deshalb sicher zurecht von einem sehr seltenen Sammlerobjekt sprechen.
Fahrgestell - und Motornummern
Derzeit knapp 400 im Register
Man kann im Jahr 2022 davon ausgehen, dass von jetzt an diese schönen und inzwischen wertvollen Fahrzeuge nicht mehr verschrottet werden. Wie man an unserer „LaRossa“ und auch an anderen Exemplaren sieht, werden inzwischen sogar schrottreife Schätzchen wieder aufgebaut. Wir haben die oben erwähnten Register inzwischen zusammengeführt, mit mehr Angaben aus dem Centro Documentazione Alfa erweitert und noch mit Fahrzeugen komplettiert, die wir selber im Laufe der Zeit durch persönliche Kontakte, im Internet oder auf Messen kennengelernt haben. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn die Leser dieses Register mit ihren Angaben weiter komplettieren würden. Wir werden die Liste der noch existierenden Fahrzeuge unter den Regeln des Datenschutzes an Interessierte weitergeben.
Von Verkäufern werden heute häufig 2600 Spider mit dem Prädikat „matching numbers“ angeboten, doch das ist nicht zulässig. Denn Alfa hat zu den ausgelieferten Fahrzeugen keine Motornummern ausgewiesen. Die dicke Kladde mit allen produzieren 2600 Spider hat keinerlei Eintrag dazu. Im Interview erklärte uns Touring Erbe Giovanni Bianchi Anderloni, dass Touring wohl Unterlagen zu den Motornummern gehabt hätte, diese seien jedoch leider nach dem Konkurs des Unternehmens im Jahr 1966 vernichtet worden. Im Klartext: Wir wissen heute nicht genau, welche Motornummer in welchem Fahrzeug eingebaut wurde. Es existieren im Centro Documentazione von Alfa nur noch Unterlagen darüber, welche Motornummern in welchem Jahr hergestellt wurden. Wer also heute einen Alfa 2600 Spider aus dem Jahr 1962 besitzt, sollte eine Motornummer zwischen 00001 und 00516 haben. Aber so ganz sicher ist das auch nicht. Für die folgenden Jahre sind die Motornummern allerdings noch schwerer zuzuordnen. Denn hier wurden die produzierten Motoren auf die 2600 Spider und Sprint verteilt, so dass man nicht weiß, welche Motornummer in welchem Fahrzeugtyp eingebaut wurde.
Seltenheit und Wertentwicklung
Für viele Besitzer oder Interessenten eines Alfa 2600 Spider stellt sich natürlich die Frage der Wertentwicklung in die Zukunft. Das lässt sich natürlich schwer abschätzen. Wenn man jedoch in die Vergangenheit schaut, so sieht man ganz erhebliche Wertzuwächse: Ein „Price Guide“ aus den USA aus dem Jahr 1986 gab für den 2600 Spider an, dass er je nach Zustand zwischen 200 und 17.000 Dollar kosten würde. Damals stand der Dollar bei etwa zwei Mark. 34.000 Mark für ein sehr gutes Exemplar – das waren noch Zeiten.Im Oktober 1991 veröffentlichte die Zeitschrift „Markt“ (heute Oldtimer Markt) einen Preisspiegel: Da lag der Alfa 2600 Spider schon zwischen 18.800 und 75.400 Mark. Die deutlichen Preissprünge gingen aber weiter. 2020 und 2021 lagen die Preise je nach Zustand zwischen 25.000 und 135.000 Euro (umgerechnet also 270.000 Mark).
Heute werden jedoch sehr gut restaurierte Fahrzeuge kaum unter 160.000 Euro angeboten, seltene Spitzenexemplare werden auch deutlich über 200.000 Euro gehandelt. Natürlich wird die Zielgruppe in diesen luftigen Höhen ziemlich klein, aber auf jeden Fall lohnt sich eine Restaurierung, wenn man noch ein Basisfahrzeug für etwa 30.000 bis 50.000 Euro erwischt. Die Kaufargumente für einen Alfa 2600 Spider liegen klar auf der Hand und lässt sich am Vergleich mit anderen klassischen Cabrios der 60er Jahre ablesen: Betörendes Design, Seltenheit, Exklusivität, grandioser Motor, hohe Leistung, ansprechende Fahreigenschaften, viel Platz, großer Kofferaum und damit auch eine gewisse Familientauglichkeit.
Positive Tests
All diese positiven Eigenschaften hatten schon die ersten Testberichte aus den sechziger Jahren dem großen Alfa bescheinigt: Für den deutschen Markt am wichtigsten war natürlich auto motor&sport aus dem Jahr 1962. Das Blatt widmete dem 2600 Sprint sogar eine Titelgeschichte, in der Autor Reinhard Seiffert schwärmte: „Der Alfa Romeo 2600 gehört zu den Autos, die mehr betrachtet als gekauft werden. Als größtes und elegantestes Fahrzeug der Firma Alfa Romeo ist er der heutige Vertreter eines traditionsreichen Stammes von Spitzenklassewagen, und schon sein Name sorgt für einen gewissen Respekt. Immerhin ist er aber nicht so exklusiv und teuer, daß man ihn wie ein Heiligtum betrachten müsste. Er gehört vielmehr zu jener Sorte sportlicher Luxusautos, die durch ihre vier Sitze einen praktischen Einschlag haben und er kostet nur halb so viel wie ein Ferrari.“
Der Vergleich zu Ferrari war Anfang der sechziger Jahre, als dieser Text erschien, eher gewagt, denn Ferrari war damals noch eine ganz junge Firma und hatte beileibe noch nicht den Nimbus von heute. Ferrari war erst 1947 gegründet worden und hatte in den 50er Jahren nur Rennwagen und Kleinserien produziert. Alfa Romeo dagegen war damals schon 60 Jahre alt und blickte auf eine lange Erfolgsgeschichte vor dem Krieg zurück. Alfa hatte nicht nur ein sehr erfolgreiches Rennteam (übrigens mit Enzo Ferrari als Rennfahrer und später Leiter des des Alfa Rennteams), sondern produzierte die exklusivsten Oberklasse-Limousinen und Staatskarossen Italiens. Insofern war Alfa Romeo vom Status her mit Mercedes in Deutschland vergleichbar. Das Image von Alfa Romeo lag damals noch weit über dem heutigen Stand, der leider von Fahrzeugen wie dem Alfasud in den achtziger Jahren arg ramponiert wurde.
„Eine gewisse Monumentalität“
Besonders lobend äußerte sich Reinhard Seiffert in seinem Testbericht über den Motor des 2600: „Er hat keinen Stoßstangenmotor wie der (ähnlich große 2300) Fiat, sondern einen schon von der Konstruktion her betont sportlichen 2 ohc-Motor. Dieser Motor schöpft die in seiner Konstruktion liegenden Möglichkeiten wirklich aus, und er ist ganz ohne Zweifel der am meisten begeisternde Teil dieses Wagens. Schon von außen bietet er einen Anblick, mit dem kein Stoßstangenmotor konkurrieren kann: das glattflächige, weit ausladende Nockenwellengehäuse mit seiner sorgfältig bearbeiteten Oberfläche erfüllt noch das Ideal der klassischen Zeit, in der auch die technischen Details des Autos schön zu sein hatten. Ähnliches gilt für die drei Vergaser mit ihrem Gestänge – wenn dies alles ursprünglich auch nur entstanden ist, um dem technisch unvollkommmenen Prinzip des Hubkolben-Vergaser-Motors ein Optimum an Leistung zu entlocken, so besitzt es doch eine gewisse Monumentalität.“
Seiffert gibt in seinem Testbericht auch dem 5-Gang-Getriebe gute Noten – allerdings kommt er zum ähnlichen Schluss wie wir heute, dass der zweite und dritte Gang etwas zu kurz abgestuft sind. Auch die Hinterachse lobt er, allerdings wieder im Vergleich zum Fiat 2300, der noch mit Blattfedern zurechtkommen musste. Seiffert kommt am Schluss seines Tests zu der Erkenntnis: „Ohne Zweifel verkörpert er noch die solide europäische Automobilbau Tradition, die hoffentlich nicht aussterben wird.“ Heute, 60 Jahre später muss man seine Weitsicht bewundern – unsere 2600 sind nicht ausgestorben.
Sportwagen der 60er im Vergleich